Beschreibung des Entwurfs-programmes |
Architektur verkörpert Dauer und Zeit. Sie beinhaltet die Zeitlichkeit alltäglicher Verrichtungen, des kleinen und grossen Unterhalts sowie notwendiger Reparaturen und Erneuerungen zum Schutz vor Baufälligkeit, Verwitterung und Zerfall. Spätestens seit den 1970er Jahren fand Schnelllebigkeit im Bauwesen ihren Durchbruch, da die Industrialisierung die Baumaterialien nun als Produkte und Bauteile mit Ablaufdatum und kurzen Erneuerungszyklen bereitstellte (Uta Hassler, 2011). Diese ökonomisch getriebene Form der Kurzlebigkeit ging auf Kosten einer nachhaltigen Lebensweise.
Im Semester fragen wir: gibt es auch eine ökologische Form der Kurzzeitigkeit? Architekturen auf Zeit widerspiegeln unser wachsendes Bedürfnis nach Leichtigkeit, Freiheit, Unabhängigkeit und Flexibilität. Ihr provisorischer Charakter, die Schnelligkeit, Anpassungsfähigkeit und Einfachheit scheinen der steigenden Mobilität und den vielfältigen Lebensmodellen viel besser zu entsprechen. Nicht umsonst nannte Zygmunt Baumann 2003 «Flüchtigkeit und Flüssigkeit als passende Metaphern» um das «Spezifische unserer Gegenwart» zu beschreiben.
Wir betrachten Architektur als eine «volatile Mischung von Zeit und Stoff» (Ákos Moravánszky, 2020). Prozesse der Verflüssigung und Verfestigung prägen unsere Suche nach einer neuen ökologischen Ästhetik. Wir unterscheiden zwei Typen kurzlebiger Bauten: Ephemere Häuser aus vergänglichen Materialien, die – sobald sie nicht mehr genutzt werden – vor Ort zerfallen. Nomadische Strukturen, aus langlebigen Materialien, die überall und laufend ab- und aufgebaut werden.
Das Tessin als Grenzregion, zwischen den Alpen und den grossen Seen, seinen spezifischen Wetter- und Klimaverhältnissen, seinen grossen saisonalen und täglichen Bevölkerungsschwankungen, seiner ökonomischen und ökologischen Wirklichkeit bildet das Territorium unserer Interventionen. Wir fragen, in welchen architektonischen Projekten sich Narrative des Temporären hier manifestieren.
Wir beginnen das Semester mit einer ganztägigen Exkursion ins Tessin und führen Gespräche mit lokalen Expert:innen. Nach einer ersten Recherche zum Narrativ bauen die Studierenden ein architektonisches Detail im Massstab 1:10 als Werkzeug und Modell eines materiellen und konstruktiven Verständnisses des Temporären. Die architektonischen Projekte behandeln programmatisch das Wohnen auf Zeit.
Im Semester kooperieren wir mit der Dozentur für Bautechnologie und Konstruktion – BUK sowie mit der Professur für nachhaltiges Bauen von Guillaume Habert. In Workshops mit den Künstlern Taiyo Onorato und Nico Krebs entstehen experimentelle Bilder der Projekte.
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Ticino Tempesta
Architecture embodies duration and time. It contains the temporality of everyday activities, of small and large maintenance as well as necessary repairs and renewals to protect against weathering and decay. Since the 1970s, short-liveness found its breakthrough in the building sector, as industrialization provided construction materials as products with expiration dates and short renewal cycles (Uta Hassler, 2011). This economically driven form of short-liveness came at the expense of sustainability.
In the semester, we ask: is there also an ecological form of temporariness? Temporary architectures reflect our growing need for lightness, freedom, independence, and flexibility. Their provisional nature, speed, adaptability, and simplicity seem much more in line with increasing mobility and multiple lifestyles. It is not for nothing that Zygmunt Baumann in 2003 called «fluidity» as appropriate metaphor to describe the «specificity of our present».
We consider architecture as a «volatile mixture of time and substance» (Ákos Moravánszky, 2020). Processes of liquefaction and solidification shape our search for a new ecological aesthetic. We distinguish two types of temporary buildings: ephemeral houses made of perishable materials, which - as soon as they are no longer used - decay on site. Nomadic structures, made of long-lasting materials, which are continuously dismantled and rebuilt.
The Canton of Ticino as a border region, between the Alps and the great lakes, its specific weather and climate conditions, its great seasonal and daily population fluctuations, its economic and ecological reality, forms the territory of our interventions. We ask in which architectural projects narratives of the temporary manifest themselves.
We start the semester with a full-day excursion to Canton Ticino and exchange with local experts. After an initial research on the narratives, the students build an architectural detail on a scale of 1:10 as a tool and model of a material and constructive understanding of the temporary. The architectural projects programmatically address temporary housing.
During the semester, we collaborate with the team of building technology and construction (BUK), as well as with Guillaume Habert's chair of sustainable construction. In workshops with the artists Taiyo Onorato and Nico Krebs we create experimental images of the projects.
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