Beschreibung des Entwurfs-programmes |
„Vom Himmel an das Reißbrett ziehen“, aus diesem
Titel einer Aufsatzsammlung des Architekten Hermann Henselmann spricht die Euphorie, der
Fortschrittsoptimismus und der Glaube an das
messianische Potential von Architektur und
Stadtplanung, die für die Frühphase der DDR
charakteristisch waren. Insbesondere in der
Anfangszeit des jungen sozialistischen Staates
herrschte die Hoffnung, eine bessere und sozial
gerechtere Gesellschaft durch Stadtplanung und
Architektur schaffen zu können. Die zahlreichen
Utopien des Sozialismus sind Produkte dieser
Aufbruchsstimmung. Im Laufe der historischen und
politischen Entwicklung fand jedoch eine immer
grössere Ernüchterung statt. Die anfänglichen
Hoffnungen verdunkelten sich angesichts einer von
autoritärer Staatsführung und wirtschaftlichen
Missständen geprägten Realität. Spätestens seit der
Wiedervereinigung setzte sich gemeinhin die
Vorstellung durch, dass das System der DDR und die
zumindest anfänglich mit ihm verbundenen
sozialistischen Visionen gescheitert seien – eine
Auffassung, die heutzutage hinterfragt wird.
Im Studio wollen wir der Vermutung nachgehen, dass
viele der hoffnungsfrohen utopischen Ansätze und
sozialen Anschauungen, die sozialistischen Typologien
zugrunde liegen, nach wie vor von Interesse und von
Bedeutung sein können. Wir bewegen uns in diesem
Sinne auf einer Spurensuche zwischen der geistigen
Ideenlandschaft und der physischen baulichen
Landschaft, zwischen Vision und schrumpfenden
Städten, zwischen verschiedenen
Gesellschaftssystemen und Zeitschichten, mit dem Ziel,
positive Konzepte aus vorerst gescheiterten Planungen
zu gewinnen.
In einem ersten Teil wollen wir eine archäologische
Untersuchung utopischer Fragmente inmitten der
Ruinen und Scherben einstiger Visionen durchführen
und so ein Inventar der Projekte und Typologien des
Sozialismus mit visionärem Potential zusammenstellen.
In einer kritischen Reflexion aus der Perspektive der
Gegenwart soll der Gehalt der baulichen Spuren des
Sozialismus erforscht werden und daraus ein
brauchbares Instrumentarium für den Umgang mit
Territorien der Abwanderung und wirtschaftlichen
Brachen im heutigen Kontext gewonnen werden.
Kann es auf diese Weise möglich sein eine Zukunft für
den deutschen Osten und anderswo zu entwerfen,
indem wir nicht aus einem imaginären ‚Himmel‘ von
Wachstum und Regeneration an die ‚Reissbretter‘
zurückkehren, sondern indem wir bereits Gedachtes
und Versuchtes in neuem Licht betrachten und kritisch
weiterführen? Können wir so zugleich visionäre und
pragmatische architektonische Interventionen
entwickeln, die Landschaften stellenweise beleben
können, ohne sie zwangsläufig zum ‚Blühen‘ zu
bringen? |
Thematische und methodische Schwerpunkte |
Entwurf, Staedtebau, Modellbau, Visualisierungen |